Um kurz nach 16 Uhr klingelt es an der Wohnungstür. Die beiden Schnuffels stehen vor der Tür und haben auch gleich Bines Schwester Yvonne mitgebracht. Wie bereits im letzten Jahr, haben wir auch in diesem Jahr beschlossen, dass wir uns nichts schenken. Jedenfalls nicht viel. Und in diesem Jahr, ja, da werden wir uns daran auch halten! Bestimmt! Ganz bestimmt!!!
Wie in den Jahren zuvor auch, fangen wir natürlich auch an diesem Heiligen Abend mit der Bescherung an. Das sollte ja einigermaßen zügig vonstatten gehen. Denkste! Der gesamte Vorgang nimmt gute anderthalb Stunden in Anspruch, und später werden wir ebenso viele blaue Tonnen vor dem Haus mit unserem Verpackungsmaterial und Geschenkpapier befüllen. Gut, dass die Studenten unter uns im Heimaturlaub sind!
Jedenfalls sind jetzt alle zufrieden, und wir können uns an den Herd machen, um mit der Zubereitung des ersten Ganges zu beginnen. Dabei wollen wir nicht verhehlen, dass wir beide hochnervös sind. Zum einen haben wir zwei schwierige Esser unter den Gästen, die nicht alles, oder sagen wir eher, eigentlich fast gar nichts mögen, was ihnen nicht bekannt ist. Zum anderen kennen wir auch die Ungeduld mancher Anwesenden. Während wir ein ausgedehntes Mahl mit Leuten, die wir mögen, ja eher als ein gesellschaftliches Ereignis ansehen, legen andere mehr Wert darauf, zügig satt zu werden.
Wir wagen das Experiment! Lange haben wir nach Rezeptideen für den heutigen Abend gesucht. Mein erster Vorschlag war, einen Mottoabend zu veranstalten, zum Beispiel mit spanischen Tapas. Und da die erste Idee ja meistens auch die beste ist, machen wir das jetzt auch so. Von der Zubereitung einer Sangria haben wir bereits abgesehen, da Mama Schnuffel unbedingt noch mit dem Auto nachhause will. Papa Schnuffel mit Wein zu begeistern, das halten wir für schlicht unmöglich. Am Vormittag besorgen wir also zunächst Krombacher in ausreichenden Mengen. Bei Yvonne weiß man nicht so genau, aber soviel wird sie eh nicht trinken. Von der Weinauswahl in der Siegener Metro waren wir eher enttäsucht. Für uns suchen wir das Besondere und suchen daher die Weinhandlung Vinum in der Marburger Strasse auf. Eigentlich sind wir auf der Suche nach einem portugiesischem Duoro-Wein. Den gibts hier nicht. Der Inhaber erscheint uns ein wenig flapsig, und von Wein scheint er nicht wirklich die Welt an Ahnung zu haben. Das erstaunt uns schon. Trotzdem nehmen wir zwei Spanier und einen Portugiesen mit. Drei Flaschen, das könnte etwas knapp werden. Also fahren wir noch in den Dornseifer, den REWE-Frischemarkt an der Leimbachstrasse. Hut ab! Der Laden macht Eindruck auf mich, und die Weinregale bieten reichlich Auswahl.
Aber zurück an den heimischen Herd. Die Knoblauchsuppe haben wir gestern bereits vorbereitet. Da ist sehr viel Weißbrot drin, und gestern erinnerte sie eher noch an Metylan Tapetenkleister. Mir war sie definitiv zu schleimig. Aber heute ist es irgendwie besser. Die schmeckt. Bei Papa Schnuffel gehen zum ersten Mal am heutigen Abend beide Daumen nach oben. Und noch etwas: er tauscht sein Pilsglas gegen ein Weinglas ein! Was ist da passiert?
Knoblauchsuppe
Spanische Hackbällchen
Tortilla
Chorizo mit Zwiebeln und Rotwein
Paprika a la Padron
Hähnchen in Knoblauchsauce
Knoblauchbrot mit Serrano-Schinken
Spanischer Mandelkuchen
Nach und nach servieren wir die anderen Gänge. Ganz ehrlich, wir hätten schon damit gerechnet, dass der ein oder andere einen Gang auslassen würde. Das ist komischerweise nicht der Fall. Immer wieder gehen die Daumen nach oben, und während wir uns zwischendurch in der Küche besprechen, kommen wir aus dem Staunen nicht raus. Selbst beim Mandelkuchen, unserem letzten Gang, wird noch Nachschlag verlangt.
Vier Stunden und sechs Weinflaschen später haben wir alle satt bekommen. Es ist viel mehr weggegangen, als wir im Vorfeld erwartet hätten. Und keiner hat gemeckert, dass es so lange gedauert hat. Wow! Damit hätten wir nicht gerechnet. Und mit dem Wein sind wir auch nur ausgekommen, weil Yvonne sich von Anfang an an den Aperitif geklammert hat. Da hat sich Bine nämlich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Von dem Gemisch aus Brombeergelee, Gin und Sekt, garniert mit einem Thymianzweig kam Yvonne den ganzen Abend nicht mehr los.
Kurz nach 22 Uhr verlässt uns der Besuch. Erschöpft, aber auch hochzufrieden, lassen wir uns aufs Sofa fallen, schauen uns die Geschenke noch einmal an und können unseren Erfolg kaum fassen. Ein rundherum gelungener Heiligabend!